Ein Inhalationstrauma bezeichnet die Verletzung der Atemwege und/oder der Lunge durch das Einatmen schädlicher Substanzen wie Rauch, toxischen Gasen, heißer Luft oder chemischen Reizstoffen. Es tritt häufig im Zusammenhang mit Bränden in geschlossenen Räumen oder Industrieunfällen auf. 20 bis 30 % aller Verbrennungsopfer weisen ein Inhalationstrauma auf. Dieses kann zu schwerwiegenden respiratorischen Komplikationen mit rascher klinischer Verschlechterung führen.
Ursache #
Ursache für ein Inhalationstrauma ist die Inhalation von heißem Rauch, Dampf oder direkte Brandeinwirkung auf die Atemwege. Auslöser für dieses Ereignis können sein:
- Rauchgasinhalation bei Bränden (z. B. Wohnungs- oder Fahrzeugbrand)
- Verpuffungen & Explosionen
- thermische Schäden durch heiße Gase
- toxische Gase (z. B. Kohlenmonoxid, Cyanid, Chlor, Ammoniak)
- Industrie- und Arbeitsunfälle
Symptome #
Je nach Ursache und Auslöser des Inhalationstrauma unterscheiden sich die Symptome und die Schwere. Bei direkter Schädigung durch brennbare Substanzen sind überwiegend die oberen Atemwege betroffen. Gleiches gilt für das Einatmen von heißer Luft, da sich diese in den Atemwege zügig abkühlt. Die Inhalation von heißem Dampf oder Chemikalien führt stattdessen, aufgrund bessere Hitzebindung, zu Verletzung bis in die tiefen unteren Atemwege.
Als sicheres Anzeichen für ein Inhalationstrauma gelten Verbrennungen im Gesicht, versengte Gesichts- und Nasenbehaarung, Ruß im Gesicht, Sputum und auf den Schleimhäuten oder Zeichen einer Atemwegsobstruktion.
Zu den Symptomen eines Inhalationstrauma zählen somit:
- Dyspnoe & Tachypnoe
- Stridor, Giemen & starkes Husten
- Rußspuren in Mund/Nase, angebrannte Nasenhaare
- starke Schmerzen der Atemwege / beim Sprechen
- Heiserkeit & Sprachstörung
- Bewusstseinsstörung
Therapie #
Die notfallmedizinische Therapie des Inhalationstrauma beinhaltet die raschen Sicherung der Atemwege, die Stabilisierung der Atmung sowie eine hochdosierte Sauerstoffversorgung.
Bei einem Inhalationstrauma liegt in einem Großteil der Fälle ebenfalls eine behandlungswürdige CO-Intoxikation vor. Ebenfalls sollten Verletzungen durch Verbrennungen & Verbrühungen entsprechend behandelt werden.
Atemwegssicherung #
Der Sicherung der Atemwege kommt bei einem Inhalationstrauma eine besondere Bedeutung zu, da sich eine Schwellung der Atemwege im zeitlichen Verlauf dynamisch verschlechtern kann. Die Indikationsstellung für eine endotracheale Intubation sollte daher großzügig gestellt werden.
Das Team sollte sich auf eine schwierige Intubation vorbereiten, sofern vorhanden sollte stets Videolaryngoskopie genutzt werden. Bei Verbrennungsopfern ist mit einer eingeschränkten Beweglichkeit im Hals- & Nackenbereich zu rechnen.
Aufgrund der schwierigen Intubationsbedingungen sollte stets ein Plan B vorab im Team besprochen worden sein und als Ultima Ratio eine Notfallkoniotomie-Bereitschaft hergestellt werden.
Sauerstofftherapie & Beatmung #
Es muss zwingend eine hochdosierte Sauerstofftherapie über dichtsitzende Maske mit Reservoir erfolgen. Falls durch den wachen Patienten tolerierbar empfiehlt sich eine NIV- / CPAP-Beatmung mit einem PEEP von 5 – 10 mbar, da hierdurch die Halbwertzeit von CO drastisch reduziert werden kann.
Hinweis: Konventionelle Pulsoxymeter sind nicht aussagekräftig, da CO-Hb Licht auf einer ähnlichen Wellenlänge wie O-Hb absorbiert. Vermeintlich normale Sättigungswerte sollten daher nicht falsch interpretiert werden.
Eine medikamentöse Therapie mittels ß₂-Sympathomimetika oder Epinephrin kann mit der Sauerstofftherapie durch Verneblung kombiniert werden. Der Einsatz von Glukokortikoiden wird bei einem Inhalationstrauma nicht empfohlen (keine gesicherte Wirkung, teils erhöhte Letalität).
Salbutamol (inhalativ) | 2,5 – 5 mg inhalativ (Wiederholung möglich) |
Epinephrin (inhalativ) | 5 mg inhalativ (Wiederholung möglich) |
Nach erfolgreicher Intubation sollte eine lungenprotektive Beatmung durchgeführt werden. Empfohlen wird ein AZV von 6 ml/kgKG sowie ein PEEP von 5 – 10 mbar.
Analgesie #
Aufgrund starker Schmerzen kann eine Analgesie notwendig sein. Diese orientiert sich gemäß den Vorgaben zur Behandlung von Schmerbrandverletzten an der verbrannten Körperoberfläche (VKOF).
VKOF < 15 % | Opiate / Opioide wie Morphin, Fentanyl, Sufentanil |
VKOF > 15 % und/oder hämodynamischer Instabilität | kombinierte Analgosedierung mit Esketamin und Midazolam |
Eigenschutz #
Bei Brandereignissen kommt es zur Freisetzung einer Vielzahl von Schadstoffen im Brandrauch. Aber auch durch die Feuerwehr gerettete Personen stellen eine Expositionsgefahr für den Rettungsdienst dar, da die Kleidung des Patienten weiter ausgast und Schadstoffe in der direkten Umgebung freisetzt.
Es wird daher empfohlen die eigene PSA um eine geeignete Filtermaske (mind. FFP 2) sowie lange Kleidung (bspw. Rettungsdienstjacke) zu erweitern.
Zielklinik & Transport #
Das Inhalationstrauma gilt als Indikation für eine stationäre Versorgung des Patienten in einem Zentrum für Brandverletzte.
Die Vermittlung und Koordination von Verbrennungsbetten erfolgt deutschlandweit über die “Zentrale Anlaufstelle für die Vermittlung von Krankenhausbetten für Schwerbrandverletzte” (ZA-Schwerbrandverletzte) über die Leitstelle der Berufsfeuerwehr Hamburg.
In Absprache mit dem Notarzt muss entschieden werden, ob der Patient durch ein lokales Krankenhaus erstversorgt werden muss oder ein sofortiger Transport in ein Zentrum für Schwerbrandverletzte (bei weiten Transportwegen mittels Rettungshubschrauber) erfolgen muss.
Differentialdiagnostik #
- Rauchgasvergiftung ohne thermisches Trauma
- Anaphylaxie
- Asthma bronchiale / COPD-Exazerbation
- akutes Lungenödem
- Fremdkörperaspiration
- Pneumonie
Quellen #
- Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie et al. (15.08.2024). Behandlung thermischer Verletzungen im Kindesalter (Verbrennung, Verbrühung). Version 3.0. awmf.org. 006-128l_S2K_Behandlung-thermische-Verletzungen-Kinder-Verbrennung-Verbruehung_2024-08_1.pdf (awmf.org)
- Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (DGV). (2021, Februar). Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen. awmf.org. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/044-001l_S2k_Behandlung-thermischer-Verletzungen-des-Erwachsenen_2021-07.pdf
- Eichler, F. & Schmitz, K. (2018). Inhalationstrauma. Retten!, 7(04), 262–269. https://doi.org/10.1055/a-0601-3069
- Gille, J., Fischer, H. & Willms-Jones, J. C. (2012). Versorgung von Brandverletzten. Notfallmedizin up2date, 7(01), 29–44. https://doi.org/10.1055/s-0031-1298245
- Tee, J. W., Koppehel, M., Horter, J. & Renkert-Baudis, M. (2022). Brandverletzungen und Verbrennungskrankheit. Retten!, 11(04), 268–277. https://doi.org/10.1055/a-1871-7528