Die Ovarialtorsion ist ein gynäkologischer Notfall, bei dem sich der Eierstock (Ovar), gegebenenfalls zusammen mit dem Eileiter, um die eigene Achse dreht (Stieldrehung). Dies führt zu einer Kompression der versorgenden Gefäße und kann im Verlauf zu Ischämien und Nekrosen im dahinterliegenden Gewebe führen.
Ein schnelles Erkennen der Ovarialtorsion ist entscheidend, da die Wahrscheinlichkeit für den Organerhalt signifikant mit der Dauer der Torsion abnimmt. Besonders bei jungen Frauen mit plötzlichen Unterbauchschmerzen sollte die Ovarialtorsion als Differenzialdiagnose stets bedacht werden.
75 % der Fälle kommen bei Frauen im gebärfähigen Alter vor, während die restlichen 25 % bereits im Kindesalter auftreten können. Die Ovarialtorsion ist das Gegenteil der Hodentorsion beim Mann, durch die Innenlage der Organe aber deutlich schwerer zu diagnostizieren.
Ursache #
Die Ursachen für eine Ovarialtorsion können vielseitig sein und die Diagnose ist präklinisch nicht immer eindeutig zu stellen, eine ausführliche Anamnese kann die Verdachtsdiagnose bestätigen.
- ovarielle Raumforderungen, wie funktionelle Zysten oder Tumoren (>5 cm)
- Stimulation der Ovarien, z. B. im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung
- Schwangerschaft, besonders im ersten Trimester
- plötzliche, ruckartige Bewegungen
- verlängerte ligamentäre Strukturen, v. a. bei jungen Mädchen
Bei jungen Mädchen liegen die Ovarien außerhalb des kleinen Beckens und sind daher besonders mobil und anfällig für die Erkrankung.
Infektiöse Ursachen sind selten direkter Auslöser, können jedoch durch entzündliche Prozesse im Bereich der Eierstöcke und Eileiter zu anatomischen Veränderungen führen, die das Risiko einer Ovarialtorsion erhöhen.
Symptome #
Das Leitsymptom einer Ovarialtorsion ist ein akuter, meist einseitiger auftretender Unterbauchschmerz mit begleitenden Symptomen aufgrund der Schmerzen.
- akuter, meist einseitiger Unterbauchschmerz
- kolikartige Unterbauchschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Abwehrspannung im Unterbauch
Bei Kinder kann eine atypische Lokalisation und eine starke Schmerzreaktion die Anamnese schwierig gestalten. Bei Patientin mit bekannten Ovarialzyste wird eine plötzliche Schmerzveränderung abweichend der bekannten Schmerzen beschrieben.
Therapie #
Die rettungsdienstliche Therapie erfolgt symptomorientiert gemäß dem ABCDE-Schema. Es sollte stets der Transport in eine Klinik mit gynäkologischer Fachabteilung angestrebt werden.
Die Lagerung sollte durch die Patientin selbstständig gewählt werden, alternativ kann eine bauchdeckenentspannende Lagerung angestrebt werden.
Medikamente #
Bei Schmerzen kann eine Analgesie mit Metamizol oder Paracetamol durchgeführt werden. Bei Koliken kann zusätzlich Butylscopolamin eingesetzt werden. Bei extremen Schmerzen kommt aber auch der Einsatz von Opioiden gemäß der regionalen Vorgaben in Betracht.
Metamizol oder | 1 g i.v. als Kurzinfusion oder |
Paracetamol (Perfalgan®) | 1 g i.v. als Kurzinfusion |
bei Koliken in Kombination mit | bei Koliken in Kombination mit |
Butylscopolamin | 20 – 40 mg i.v. (max. 100 mg) |
Differentialdiagnostik #
- Appendizitis
- Divertikulitis
- Endometriose
- Extrauteringravidität
- Invagination
- Salpingitis / Adnexitis
- Zystenruptur
Quellen #
- Koch Sebastian. (2023). Retten – Notfallsanitäter. Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag.
- Voß-Heine, I. & Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie e.V. (2012, August). Ovarialtorsion im Kindes- und Jugendalter. https://www.kindergynaekologie.de/fachwissen/korasion/2012/ovarialtorsion-im-kindes-und-jugendalter/
- Weißleder, A., Egbe, A., Beinkofer, D., Kulla, M. & Treffer, D. (2019). Der gynäkologische Notfall – Teil 2: gynäkologische Ursachen des unklaren Abdomens. Notarzt, 35(05), 272–282. https://doi.org/10.1055/a-0971-5756