DBRD-Algorithmus: starke Schmerzzustände
NUN-Algorithmus: Analgesie – Stärkste Schmerzen (NUN)
Die Nieren- & Harnleiterkolik betrifft etwa 5% der Bevölkerung, sowohl akut und als chronisch verlaufende Erkrankung. Symptomatisch bestehen zwischen den beiden Varianten kaum Unterschiede. Im akuten Notfall bleiben Nierensteine im Nierenbecken oder dem Harnleiter stecken, durch die Überdehnung der ableitenden Harnwege in Kombination mit der vorherrschenden Peristaltik kommt es zu starken, meist kaum aushaltbaren kolikartigen Schmerzen.
Ursache #
Auf dem Weg der Harnleiter kommt es zu drei großen Engstellen (siehe Grafik), an denen sich häufig Nierensteine festsetzen können und die in der Folge zu kolikartigen Schmerzen führen:
- obere Ureterenge: Übergang vom Nierenbecken zum Ureter
- mittlere Ureterenge: Überkreuzung der vasa iliaca communis (pars pelvica)
- untere Ureterenge: Durchtritt durch die Wand der Harnblase
Selten werden Nieren- und Harnleiterkoliken auch durch Blutgerinnsel, Nekrosen oder Tumorzellmassen ausgelöst.
Symptome #
Die Symptome einer Nieren- und Harnleiterkolik sind ein akut einsetzender kolikartiger Schmerz, lokalisiert je nach Ort der Steineinklemmung in folgenden Regionen:
- linke oder rechte Flankenregion
- Unterbauch
- Leiste
- ggf. Rücken, Geschlechtsorgane und Oberschenkel
Zusätzlich treten Übelkeit & Erbrechen auf, hier sollte im Zweifel frühzeitig interveniert werden. Es besteht die Gefahr einer Kollapsneigung, häufig zu erkennen an auftretender Kaltschweißigkeit.
Therapie #
Die Therapie erfolgt symptomorientiert, es sollte prophylaktisch ein i.v.-Zugang angelegt werden, um auf starke Schmerzen und synkopale Zustände reagieren zu können.
Der Patient sollte in eine bauchdeckenentspannte Lagerung gebracht werden oder eine für ihn angenehme Position einnehmen.
Sollte bei starken Schmerzen eine Analgesie notwendig sein, können unten stehende Medikamente eingesetzt werden.
Medikamente zur Analgesie #
- Metamizol : 1 g i.v. als Kurzinfusion (in 100 mg NaCl)
- Morphin: 2 – 3 mg i.v. schrittweise bis Besserung
- Esketamin: 0, 125 – 0,25 mg/kgKG i.v.
CAVE: Von der Gabe von Butylscopolamin (Buscopan) im Rahmen der Nierenkolik wird in der aktuellen S2k-Leitlinie und der Fachliteratur abgeraten, da erst in hoher Dosierung eine harnleiterrelaxierende Wirkung eintritt und kein Einfluss auf den Nierendruck besteht!
Medikamente zur Antiemese #
- Dimenhydrinat: 62 mg i.v.
- Droperidol: 0,625 – 1,25 mg i.v.
- Ondansetron: 4 mg i.v. bei laufender Infusion
siehe DBRD-Algorithmus: Übelkeit & Erbrechen
Differentialdiagnostik #
- Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung)
- Gallenkolik
- Milzerkrankungen
- entzündliche Darmerkrankungen
- mechanischer & paralytischer Ileus
Quellen #
- Arbeitskreis Harnsteine der Akademie der Deutschen Urologen & Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (2018). S2k-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-025l_S2k_Diagnostik_Therapie_Metaphylaxe_Urolithiasis_2019-07_1.pdf
- Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V. (DBRD). (2022). Muster-Algorithmen 2022 zur Umsetzung des Pyramidenprozesses im Rahmen des NotSanG. https://www.dbrd.de/images/algorithmen/DBRGAlgo1221_Web1.pdf
- Enke, K., Flemming, A., Hündorf, H.-P., Knacke, P. G., Lipp, R. & Rupp, P. (Hrsg.). (2015). Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin: Patientenversorgung und spezielle Notfallmedizin (5. Aufl., Bd. 1). Edewecht, Niedersachsen: Stumpf + Kossendey. – S. 453-454
- Luxem, J., Runggaldier, K., Karutz, H. & Flake, F. (Hrsg.). (2016). Notfallsanitäter Heute (6. Aufl.). München, Deutschland: Urban & Fischer. – S. 322
- LV ÄLRD Niedersachsen / Bremen. (2022). „NUN – Algorithmen“ zur Aus- und Fortbildung und als Grundlage zur Tätigkeit von Notfallsanitätern(innen) in Niedersachsen. https://lard-nds.de/download/nun-algorithmen-2022/