Morbus Menière beschreibt einen eine chronische Innenohrerkrankung, die durch anfallsartige Schwindelattacken, Hörverlust und Tinnitus gekennzeichnet ist. Der Schwindel tritt dabei plötzlich und ohne erkennbaren Grund auf und kann einige Minuten bis zu mehreren Stunden andauern. Häufig kommt es durch in der Folge zu Übelkeit mit Erbrechen oder Stürzen, durch eine erhöhte Fallneigung.
Um von Morbus Meniere sprechen zu können, bedarf es im Normalfall der Kombination aus den drei Symptomen Drehschwindel, Tinnitus und akuter Hörminderung.
Ursachen #
Die genaue Ursache des Morbus Menière ist nicht vollständig geklärt. Als Ursache wird ein Anstieg der Menge an Endolymphe (Lymphflüssigkeit) im Innenohr, welcher zu einer Druckerhöhung mit konsekutiven Einrissen in den feinen Membranen des Innenohrs führt, angesehen.
Die hierauf folgende Flüssigkeitsansammlung im Innenohr sowie die Vermischung von Peri- und Endolymphe vermittelt durch Ladungsveränderungen falsche Signale an das Gehirn und führt zu stärkstem, anfallsartigem Drehschwindel.
Die Patienten sind in der Mehrzahl weiblich und haben in der Regel ein Alter zwischen 45 und 60 Jahren.
Mögliche Auslöser für das Auftreten der Erkrankung können sein:
- nicht-infektiöse Ursachen:
- Genetische Prädisposition
- Autoimmunprozesse
- Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus)
- Migräne-assoziierte Innenohrstörungen
- Stress und hormonelle Faktoren
- infektiöse Ursachen (selten):
- Virusinfektionen (z. B. Herpesviren, Epstein-Barr-Virus)
- Chronische Mittelohrentzündungen
Symptome #
Morbus Menière lässt sich an der Kombination aus folgenden Symptomen (Symptom-Trias) erkennen:
- anfallsartiger, starker Drehschwindel (20 Minuten bis mehrere Stunden)
- Hörverlust, meist einseitig
- Tinnitus
Zusätzlich tritt ein Druck- oder Völlegefühl im betroffenen Ohr auf. Durch den Schwindel kommt es zu Übelkeit und Erbrechen. Bei der Untersuchung der Pupillen kann ein horizontaler Nystagmus beim Auge der betroffenen Seite auftreten.
Älteren Patienten berichten ergänzend über Stürze und es ist eine Gangunsicherheit feststellbar.
Therapie #
Die Therapie beschränkt sich auf eine symptomorientierte Therapie mit einer ausführlichen Diagnostik und Anamnese, um das Krankheitsbild sicher zu diagnostizieren. Auftretende Übelkeit kann medikamentös behandelt werden.
Als Zielklinik sollte eine Klinik mit HNO-Fachabteilung angefahren werden, bestenfalls mit einer Neurologie für mögliche Differentialdiagnostik.
Medikamente bei Übelkeit #
Bei akuter Übelkeit (mit oder mit der Gefahr von Erbrechen) bietet sich eine medikamentöse Therapie an, um den Patienten die Situation angenehmer zu gestalten:
Dimenhydrinat | 62 mg i.v. |
Droperidol | 0,625 – 1,25 mg i.v. |
Granisetron | 1 mg i.v. |
Ondansetron | 4 mg i.v. |
Differentialdiagnosen #
- Schlaganfall / TIA
- Vestibuläre Migräne
- Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS)
- Vestibulopathie
- Intoxikation
- Hypotonie
Achtung: Diese Differentialdiagnosen würden in den meisten Fällen nicht die klassischen Trias von Morbus Menière erfüllen und könnten höchstens den Drehschwindel als Symptom erklären.
Quellen #
- Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) & Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. (2021, 18. Mai). S2k Leitlinie – Vestibuläre Funktionsstörungen. https://dgn.org/leitlinie/vestibulare-funktionsstorungen
- Neuhauser, H. K. (2016). The epidemiology of dizziness and vertigo. PubMed, 137, 67–82. https://doi.org/10.1016/b978-0-444-63437-5.00005-4
- Strupp, M., Dlugaiczyk, J., Ertl-Wagner, B. B., Rujescu, D., Westhofen, M. & Dieterich, M. (2020). Vestibular disorders. Deutsches Ärzteblatt International. https://doi.org/10.3238/arztebl.2020.0300
- Weber, M. & Offergeld, C. (2019). Hörsturz und andere Innenohrerkrankungen in der präklinischen Notfallmedizin. retten!, 8(01), 55–65. https://doi.org/10.1055/a-0646-8662