Knall- und Explosionstraumata betreffen häufig das Ohr, insbesondere das Trommelfell und das Mittelohr. Es handelt sich um akustisch-mechanisch verursachte Schädigungen, die durch plötzliche, hohe Schalldruckeinwirkungen oder Druckwellen entstehen. Explosionen erzeugen zusätzlich komplexe Verletzungsmuster mit thermischen und mechanischen Einflüssen.
Knalltrauma #
Ein Knalltrauma ist eine durch ein lautes Schallereignis (<140 dB, Dauer < 2 ms) verursachte, meist nur kurz anhaltende, Hörminderung. Hierbei werden die Haarzellen des Corti-Organs reversibel geschädigt, eine Besserung tritt nach einigen Tagen ein. Das Trommelfell ist intakt, es können lediglich vereinzelte feinste Blutgefäße aufgrund erhöhter Durchblutung sichtbar werden.
Auslöser für ein Knalltrauma können beispielsweise Airbags, Schusswaffen oder Feuerwerkskörper sein.
Explosionstrauma #
Kommt es zu einer Zerreißung des Trommelfells und einer damit verbundenen, tlws. irreversiblen Schädigung der Gehörknöchelchen und der Haarzellen im Corti-Organ spricht man von einem Explosionstrauma (160-190 dB, Dauer > 2 ms). Die Patienten bluten häufig aus dem Gehörgang und zeigen vestibuläre Symptome (Schwindel, Übelkeit).
Auslöser für ein Explosionstrauma sind unter anderem Sprengkörper oder Gasexplosionen.
Symptome #
Die Symptome unterscheiden sich je nach Stärke des erlittene Traumas. Dabei können folgende Symptome auftreten:
- plötzliche Hörminderung, häufig einseitig
- Tinnitus
- Ohrenschmerzen, Druckkopfschmerzen
- Blutung aus dem Gehörgang (Hinweis auf Trommelfellruptur)
- Schwindel
- Übelkeit und Erbrechen
Therapie #
Grundsätzlich erfolgt die Therapie symptomorientiert nach dem ABCDE-Schema. Neben Fokus auf die Versorgung des betroffenen Ohres steht auch eine Analgesie und Antiemese im Fokus der rettungsdienstlichen Behandlung.
Das betroffene Ohr wird mit einer sterilen Kompresse abgedeckt, um das Eindringend von Keimen und Schmutz in das Mittelohr zu verhindern. Keine Manipulation der Gehörgänge!
Anschließend ist ein Transport in eine HNO-Fachklinik anzustreben.
Medikamente bei Übelkeit #
Bei akuter Übelkeit (mit oder mit der Gefahr von Erbrechen) bietet sich eine medikamentöse Therapie an, um den Patienten die Situation angenehmer zu gestalten:
Dimenhydrinat | 62 mg i.v. |
Droperidol | 0,625 – 1,25 mg i.v. |
Granisetron | 1 mg i.v. |
Ondansetron | 4 mg i.v. |
Differentialdiagnostik #
- akuter Hörsturz
- Mittelohrentzündung
- Barotrauma (nicht explodierend)
Quellen #
- Champion, H. R., Holcomb, J. B. & Young, L. A. (2009). Injuries From Explosions: Physics, Biophysics, Pathology, and Required Research Focus. Journal Of Trauma And Acute Care Surgery, 66(5), 1468–1477. https://doi.org/10.1097/ta.0b013e3181a27e7f
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. (2014, November). DEGAM-Leitlinie Nr. 7 – Ohrenschmerzen. AWMF Leitlinien. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-009l_S2k_Ohrenschmerzen_2014-12-abgelaufen.pdf
- Stetzelberger, V., Müller, S. & Zeidler, B. (2016). Notfälle des Ohrs – Verletzungen und Erkrankungen. retten!, 4(05), 344–353. https://doi.org/10.1055/s-0041-107667