Die Präeklampsie ist eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung, die mit einer arterieller Hypertonie und einer in der Schwangerschaft neu aufgetretenen Organdysfunktionen bei der Mutter einhergeht.
Unter einer Eklampsie versteht man stattdessen in der Schwangerschaft neu auftretende tonisch-klonische Krampfanfälle, die häufig mit einer Präeklampsie einhergehen, welche keiner anderen neurologischen Ursache zugeordnet werden können
Während eine Präeklampsie in der Regel in Voruntersuchungen erkannt und entsprechend behandelt wird, kann eine Eklampsie plötzlich auftreten und stellt somit ein rettungsdienstlich relevantes Notfallbild dar.
Eine Eklampsie stellt eine akut lebensbedrohlichen Notfall sowohl für die Mutter als auch das ungeborene Kind dar. Bei der Mutter kann es zu Bewusstlosigkeit und Atemstillstand kommen, wodurch für das ungeborene Kind die Gefahr eine O2-Minderversorgung besteht.
Ursache #
Die Entstehung der Präeklampsie ist multifaktoriell und nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine gestörte Entwicklung der Gefäße in der Plazenta, die zu einer Minderperfusion und einer daraus resultierender Ischämie führt. Im Rahmen einer endothelialen Dysfunktion können alle Gefäßsysteme der Mutter betroffen sein.
Diese systemische Endothelschäden können insbesondere im Gehirn zu Hirnödemen, Vasospasmen und einer gestörten zerebralen Autoregulation führen. In der Folge kommt es zu tonisch-klonischen Krampfanfällen, obwohl keine neurologische Grunderkrankung vorliegt. Die genauen Auslöser sind nicht vollständig geklärt, doch Faktoren wie Blutdruckkrisen, entzündliche Prozesse und gestörte Gefäßreaktionen spielen eine zentrale Rolle.
Als Risikofaktoren für beide Erkrankungen gelten unter anderem: Alter >35, Adipositas, Nikotinabusus, Mehrlingsschwangerschaft, chronische Hypertonie, Diabetes mellitus (Typ 1 & 2), Nierenerkrankung, positive Familienanamnese, vorangegangene Schwangerschaft mit (Prä-) Eklampsie
Symptome #
Präeklampsie #
Je nach betroffenem Organ (Funktionseinschränkungen von Niere, Leber, respiratorisches System, ZNS, hämatologisches System) sind die Symptome der Präeklampsie sehr vielfältig und teils unspezifisch.
- Hypertonie oder Gestationshypertonie
- therapieresistente Kopfschmerzen
- Bewusstseinsveränderungen & Verwirrtheit
- Seh- und Hörstörungen
- Dyspnoe
- Oberbauch- und Flankenschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen & Durchfall
- Oligurie & Anurie
Bei Vorliegen von hepatische Symptome wie rechtsseitigen Oberbauchschmerz, epigastrischen und retrosternalen Schmerzen an HELLP-Syndrom denken (Gefahr von Leberruptur, Blutungen und Multiorganversagen). Der Nachweis kann aber nur klinisch über Laborparameter erfolgen.
Eklampsie #
Eine Eklampsie kündigt sich in 80% der Fälle durch Prodromi an (Tics, persistierende Kopfschmerzen, unwillkürliche & rhythmische Muskelkontraktionen und Hyperreflexie). In bis zu 25% der Fälle liegt bei der Eklampsie keine Hypertonie vor.
- tonisch-klonische Krampfanfälle
- Hyperreflexie
- persistierende Kopfschmerzen
- unwillkürliche & rhythmische Muskelkontraktionen (Kloni)
- Tics (kurze unwillkürliche Abläufe)
- Hypertonie (CAVE: in 25% der Fälle nicht vorliegend)
- Oberbauchschmerzen
Therapie #
Präeklampsie #
Präklinisch sollen reine Blutdruckwerte ≥160 mmHg systolisch und/oder ≥110 mmHg diastolisch ohne Anzeichen auf Organbeteiligung nicht gesenkt werden. Stattdessen erfolgt ein Krankenhaustransport und eine kontrollierte Blutdrucksenkung im stationären Setting.
Ausgenommen hiervon sind Fälle des hypertensiven Notfalls mit vitaler Gefährdung durch Organschäden bei Blutdruckwerte ≥160 mmHg systolisch und/oder ≥110 mmHg diastolisch. In diesen Fällen soll eine unverzügliche medikamentöse Blutdrucksenkung bereits präklinisch erfolgen.
Um eine plazentare Minderperfusion zu vermeiden werden Zielblutdruckwerte von ≤135 mmHg systolisch und ≤85 mmHg diastolisch angestrebt. Es gilt die Regel “start low & go slow” bei der Blutdrucksenkung.
Urapidil (bei schwerer Hypertonie) | initial 6,25 langsam i.v. danach 3-24 mg/h (über Perfusor) |
Nifedipin (bei milder & schwerer Hypertonie) | initial 5 mg p.o. (Wiederholung nach 20 min möglich) |
Eklampsie #
Bei einer manifestierten Eklampsie soll unverzüglichen die Gabe von Magnesiumsulfat erfolgen. Wenn der akute Anfall trotz Gabe von Magnesiumsulfat länger als 5 Minuten anhält, sollte die Gabe von Benzodiazepinen zur Durchbrechung des Krampfes erwogen und andere Ursachen als Auslöser in Betracht gezogen werden!
Wenn keine manifestierte Eklampsie vorliegt, aber eine vitale Bedrohung aufgrund einer (Prä-)Eklampsie wahrscheinlich erscheint (bspw. durch Vorliegen von Prodromi) ist eine prophylaktische Magnesiumsulfat-Gabe bereits präklinisch großzügig in Erwägung zu ziehen.
Magnesiumsulfat | initial 4 – 6 g als Kurzinfusion über 15 – 20 Minuten |
Hinweis: Als Antidot sollte Calciumgluconat 10 % zur sofortigen intravenösen Injektion bereitliegen!
Differentialdiagnostik #
- Appendizitis
- Hypoglykämie
- Intrakranielle Blutung
- Krampfanfall
- Pankreatitis
- Schädel-Hirn-Trauma
- Schlaganfall
Quellen #
- Cífková, R. (2023). Hypertension in Pregnancy: A Diagnostic and Therapeutic Overview. High Blood Pressure & Cardiovascular Prevention, 30(4), 289–303. https://doi.org/10.1007/s40292-023-00582-5
- Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG). (2024). S2K-Leitlinie Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft (HES): Diagnostik und Therapie. AWMF Online. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-018
- National Association of EMS Physicians (NAEMSP), National Association of Emergency Medical Technicians (NAEMT) & American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG). (2025). Eclampsia Guideline. In naemt.org. https://www.naemt.org/docs/default-source/education-documents/EPC/eclampsia-model-EMS-guideline_with-logos_secured.pdf?sfvrsn=3f0bff93_1
- S, D., Novri, D. A., Hamidy, Y. & Savira, M. (2023). Effectiveness of nifedipine, labetalol, and hydralazine as emergency antihypertension in severe preeclampsia: a randomized control trial. F1000Research, 11, 1287. https://doi.org/10.12688/f1000research.125944.2