Eine Intoxikation mit Beta-Blockern stellt ein potenziell lebensbedrohliches Notfallbild dar. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung bei kardiovaskulären Erkrankungen sowohl in der Akut- als auch Langzeittherapie (Hypertonie, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen) ist eine Intoxikation durch Überdosierungen, Suizidversuche oder Medikationsfehler häufiger als andere Vergiftungen im Rettungsdienst anzutreffen.
Ursache #
Ursache für eine Intoxikation können neben versehentlichen Überdosierungen und Medikationsfehlern auch unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Suizidversuche sein. Vor allem Kinder gelten bei der versehentlichen Einnahme von Beta-Blockern als Risikogruppe, da bereits für Erwachsene normale Mengen zu schweren Verläufen führen können.
Betablocker sorgen für eine selektive oder unselektive Blockade von ß-Adrenozeptoren, wodurch die Wirkung von sympathomimetischen Stoffen (u.a. Katecholamine) unterdrückt und abgeschwächt wird.
Je nach Substanz können erste Intoxikationssymptome bei Überdosierung nach 30 Minuten bis zu 2 Stunden auftreten, es ist allerdings auch eine Verzögerung mit ersten Symptomen nach 6 bis 12 Stunden möglich (Retardtabletten).
Vorsicht ist bei Mischintoxikation mit Ca-Kanal-Blockern geboten, hier kann es zu schweren Verläufen kommen.
Symptome #
Die Hauptsymptome zeigen sich im Bereich des Herz-Kreislaufsystem mit Bradykardie und Hypotonie, bei schweren Intoxikationen einhergehend mit AV-Blockierungen I° und II°. Bei einigen Präparaten kann es zu zusätzlichen EKG-Veränderungen kommen. Dabei führt der kardiale Pumpverlust und seltener die Bradykardie zum kardiogenen Schock.
Zudem können in schweren Fällen Bronchospastiken mit Atembeschwerden und einer sichtbaren Zyanose auftreten.
Bestimmte lipophile Betablocker können die Blut-Hirn-Schranke überwinden und wirken zentral dämpfend. Symptome sind Bewusstlosigkeit, Schwindel, Erbrechen, Atemdepression, Hypoglykämie und Krampfanfällen.
Bei Kindern können schon geringe Mengen hoch toxisch wirken und sind oft mit Krampfanfällen und Hypoglykämie verbunden.
Vergiftungen mit Propranolol weisen die höchste Toxizität auf, bereits geringe Mengen führen zu schweren neurologischen Symptomen. Vergiftungen mit Metoprolol, als eines der am häufigsten zu findenden Präparate, zeigen eine mittlere bis hohe Toxizität während Bisoprolol eine geringen Toxizität zeigt.
Therapie #
Die Therapie erfolgt grundsätzlich symptomorientiert, wobei das Augenmerk auf der Sicherung des Kreislaufs gelegt werden sollte. Zur genaue Klärung sollte stets die Giftnotrufzentrale kontaktiert werden, um anhand der Symptome und eingenommenen Menge sowie möglicher Co-Medikation eine spezifische Therapie festzulegen.
Bei einer kurz zuvor getätigten Einnahme (< 1h) von Betablockern, kann der Einsatz von Aktivkohle Teile der Präparate im Magen binden und so eine weitere Resorption mit Zunahme der Symptomatik verhindern.
Bei bestehender Hypotonie sollte ein i.v.-Zugang angelegt werden und anschließend eine moderate Volumentherapie durchgeführt werden, eien Überinfusion sollte vermieden werden.
Starke Bradykardien können mittels Atropin sowie Katecholaminen (hohe Dosen aufgrund Hemmung der Beta-Rezeptoren notwendig) behandelt werden.
Bei schweren refraktärem kardiogenen Schock oder einer Reanimation sollte der Einsatz einer VA-ECMO angestrebt werden.
Eine transkutane Schrittmachertherapie steigert zwar die Herzfrequenz, nicht aber die verminderte Kontraktilität des Herzens und kann daher erfolglos bleiben.
Innerklinisch kann bei Bisoprolol-Intoxikationen eine Dialyse infrage kommen. Zur Steigerung der Herzfrequenz und der Kontraktilität kann zudem Glugacon oder eine Hochdosis-Insulin-Euglykämie-Therapie (HIET) eingesetzt werden.
Quellen #
- Calcium channel blockers, beta-blockers and digitalis poisoning: management in the emergency room. (2005, 1. August). PubMed. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16128045/
- Lauterbach, M. (2019). Clinical toxicology of beta‐blocker overdose in adults. Basic & Clinical Pharmacology & Toxicology, 125(2), 178–186. https://doi.org/10.1111/bcpt.13231
- Lülsdorff, R. & Hüser, C. (2021, 20. Dezember). Vergiftungen mit Betablockern. ToxDocs. http://toxdocs.de/2021/betablocker/
- Rotella, J., Greene, S. L., Koutsogiannis, Z., Graudins, A., Leang, Y. H., Kuan, K., Baxter, H., Bourke, E. & Wong, A. (2020). Treatment for beta-blocker poisoning: a systematic review. Clinical Toxicology, 58(10), 943–983. https://doi.org/10.1080/15563650.2020.1752918
- Schaper, A., Renneberg, B., Desel, H. & Langer, C. (2006). Intoxication-related fatalities in northern Germany. European Journal Of Internal Medicine, 17(7), 474–478. https://doi.org/10.1016/j.ejim.2006.04.009