Als Lungenarterienembolie (LAE) oder Lungenembolie bezeichnet man einen Verschluss einer Lungenarterie durch ein eingeschwemmtes Blutgerinnsel (Embolus). Sie entsteht meist, wenn Thromben in den tiefen Beinvenen, die sich bei längerer Immobilisierung bilden, durch Bewegung frei werden und sich in den Lungenarterien festsetzen. Es kommt bei den Patienten zu akuter Atemnot, welche häufig zu massiver Todesangst bei den Patienten führt.
Ursache #
Die Hauptursache für das Auftreten einer Lungenarterienembolie sind Thromben aus dem Versorgungsgebiet der Vena cava inferior (90 % aller LAEs, häufig aus den tiefen Beinvenen), welche über diese und anschließend das rechte Herz in den Lungenkreislauf gelangen und dort zum Verschluss von Pulmonalarterien führen.
Die Folge ist eine Ischämie von dahinter liegenden Lungenarealen, in welchen kein Gasaustausch mehr stattfindet. Durch den erhöhten Druck im Lungenkreislauf kommt es zu einer Rechtsherzbelastung, es kann zu Anzeichen einer oberen Einflussstauung kommen.
Risikofaktoren #
Risikofaktoren für eine Lungenarterienembolie sollten frühzeitig abgefragt werden, diese können sein:
- vorhergegangene OPs
- längere Immobilisierung (z.B. Langstreckenflüge, langes Sitzen, etc.)
- Lungenerkrankungen
- veränderte Blutgefäße
- Exsikkose
- Medikamenteneinnahme (u.a. Pille)
Symptome #
Als Symptome zeigt sich eine akute Atemnot mit je nach Schweregrad einhergehender Zyanose. Die Patienten haben das Gefühl von innen zu Ersticken und leiden häufig unter massiver Todesangst.
- akute Atemnot, Tachypnoe mit Zyanose
- Tachykardie & Hypotonie (beachte: kardiogener Schock!)
- AP-Beschwerden, atemabhängiger Thoraxschmerz
- gestaute Halsvenen (Zeichen für Rechtsherzbelastung)
- Hinweise auf Beinvenenthrombose (Schwellungen & Schmerzen in einem Bein, Rötung -> Seitenvergleich!)
- im Verlauf Husten mit blutigem Auswurf
Merke!
Bei Patienten mit Dyspnoe und einem der drei T’s (Tachypnoe, Tachykardie & Thoraxschmerz) immer an eine Lungenarterienembolie denken!
Wells-Score (vereinfacht) #
Hilfreich kann der Wells-Score zur Bestimmung der Lungenarterienembolie sein. Bei ≥ 2 Punkte gilt eine Lungenarterienembolie als wahrscheinlich.
klinische Zeichen einer tiefen Beinvenenthrombose | 1 Punkt |
Lungenembolie wahrscheinlicher als andere Diagnosen | 1 Punkt |
Tachykardie (Herzfrequenz >100/min) | 1 Punkt |
Operation oder Immobilisation (mind. 3 Tage) innerhalb des letzten Monats | 1 Punkt |
frühere Lungenembolie oder tiefen Beinvenenthrombose | 1 Punkt |
Bluthusten (Hämoptysen ) | 1 Punkt |
Tumorerkrankung (Neoplasie) | 1 Punkt |
EKG-Diagnostik #
In ca. 15 – 20 % aller Fälle zeigt sich bei einer EKG-Diagnostik ein S1Q3-Typ, einhergehend mit negativer T-Wellen in III ist er als McGinn-White-Zeichen bekannt. Der S1Q3-Typ beschreibt eine pathologische S-Zacke in Ableitung I und eine pathologische Q-Zacke in Ableitung III, bei fehlender Q-Zacke in Ableitung II und aVF.
Hinzukommen kann ein neu aufgetretener Rechtsschenkelblock oder T-Wellen-Negativierungen in den rechtspräkordialen Ableitungen (V1r-V3r), welche auf eine Rechtsherzbelastung hinweisen.
Einige gute Beispiel-EKGs sind auf dieser französischen Seite zu finden: S1Q3 bei e-cardiogram
Therapie #
Die Therapie erfolgt angepasst an die Schwere der Symptome, welche je nach betroffenen Lungenareal unterschiedlich sein können. Folgende Therapieansätze werden empfohlen:
- hochdosierte O2-Gabe über Maske
- wenn tolerierbar → Oberkörperhochlagerung
- Immobilisation (Patienten nicht selber laufen lassen)
Medikamente #
Im Rahmen der medikamentösen Therapie kann neben Heparin und einer Volumengabe zur Kreislaufstabilisierung auch Morphin zur Sedierung der Patienten eingesetzt werden.
Im Falle einer präklinischen Reanimation wird eine Fibrinolyse eingeleitet werden und unter Einsatz von automatischen Reanimationshilfen der Transport angestrebt. In diesem Fall muss die Reanimation mind. 45 – 90 Minuten fortgeführt werden.
Differentialdiagnostik #
Quellen #
- Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V. (DBRD). (2024). Muster-Algorithmen 2024 zur Umsetzung des Pyramidenprozesses im Rahmen des NotSanG. https://dbrd.de/images/algorithmen/DBRDAlgo24_Web9_2.pdf
- Deutschen Gesellschaft für Kardiologie: Konstantinides, S., Lankeit, M., Erbel, C. et al.; Kommentar zu den Leitlinien (2019) der European Society of Cardiology zum Management der akuten Lungenembolie; Kardiologe (2020). https://doi.org/10.1007/s12181-020-00389-x
- Enke, K., Flemming, A., Hündorf, H.-P., Knacke, P. G., Lipp, R. & Rupp, P. (Hrsg.). (2015). Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin: Patientenversorgung und spezielle Notfallmedizin (5. Aufl., Bd. 1). Edewecht, Niedersachsen: Stumpf + Kossendey. – S. 319-321
- Konstantinides, S., Lankeit, M., Erbel, C. & Tiefenbacher, C. (2020). Kommentar zu den Leitlinien (2019) der European Society of Cardiology zum Management der akuten Lungenembolie. Der Kardiologe. https://doi.org/10.1007/s12181-020-00389-x
- Kukla, P., McIntyre, W. F., Fijorek, K., Mirek-Bryniarska, E., Bryniarski, L., Krupa, E., Jastrzębski, M., Bryniarski, K. L., Zhong-qun, Z. & Baranchuk, A. (2014). Electrocardiographic abnormalities in patients with acute pulmonary embolism complicated by cardiogenic shock. The American Journal of Emergency Medicine, 32(6), 507–510. https://doi.org/10.1016/j.ajem.2014.01.043
- LV ÄLRD Niedersachsen / Bremen. (2024). „NUN – Algorithmen“ zur Aus- und Fortbildung und als Grundlage zur Tätigkeit von Notfallsanitätern(innen) in Niedersachsen. https://lard-nds.de/download/nun-algorithmen-2024/#
- Schnelle, R. (2017). EKG in der Notfallmedizin: Grundlagen – Auswertung – Therapie (1. Aufl). Edewecht, Niedersachsen
- Wells, P. S. (1998). Use of a Clinical Model for Safe Management of Patients with Suspected Pulmonary Embolism. Annals of Internal Medicine, 129(12), 997. https://doi.org/10.7326/0003-4819-129-12-199812150-00002