DBRD-Algorithmus: Hypoglykämie
NUN-Algorithmus: Hypoglykämie
Bei einer Hypoglykämie kommt es zu einer abnorm niedrigen Blutglukosekonzentration. Dadurch wird die Funktionsfähigkeit der Zellen beeinträchtigt, da keine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen mehr vorhanden ist.
Eine Hypoglykämie tritt häufig bei Diabetes mellitus auf, kann aber auch Patienten ohne Vorerkrankungen betreffen. Feste Grenzwerte sind aufgrund der verschiedenen Patientenvorgeschichten kaum zu nennen. Als Nachweis der Diagnose Hypoglykämie werden daher die Whipple Trias herangezogen:
- Blutglukosekonzentration < 45 mg/dl (2,5 mmol/l)
- hypoglykämische Symptomatik (siehe unten)
- rasche Besserung der Symptome nach Glukosegabe
Unterschieden wird zwischen einer leichten Hypoglykämie, bei welcher der Patient eine Selbsttherapie mittels Kohlenhydrataufnahme durchführt und einer schweren Hypoglykämie, bei der die Therapie nur durch fremde Hilfe eingeleitet werden kann.
Ursache #
Die Ursachen einer Hypoglykämie müssen zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern unterschieden werden. Häufig kommt es durch ein Zusammenkommen von mehreren Ursachen zu einer Hypoglykämie.
Diabetiker | Nicht-Diabetiker |
Überdosierung blutzuckersenkender Medikamente | Medikamenten- / Drogen- und C2-Intox |
unregelmäßige / verpasste Nahrungsaufnahme | mangelnde Nahrungsaufnahme |
erhöhte (außergewöhnliche) körperliche Anstrengung | erhöhte körperliche Anstrengung |
Alkoholkonsum | Vorerkrankungen |
Zusammenhang mit Vorerkrankungen |
Symptome #
Bei den Symptomen der Hypoglykämie unterscheidet man zwischen autonomen und neuroglykopenischen Symptomen; zusätzlich treten psychische Symptome auf.
autonome Symptome | neuroglykopenische Symptome |
starkes Schwitzen | Bewusstlosigkeit |
Hitzegefühl | Sprach- & Sprechstörung |
Zittern (Tremor) | Schwindel & Kopfschmerzen |
Übelkeit & Erbrechen | Sehstörungen |
Heißhunger | Verlangsamung |
Ohnmachtsgefühl / Schwäche | Hemiparesen |
Unruhe / Angst | Krampfanfälle |
Tachykardien |
psychische Symptome |
Wutausbrüche & Aggressivität |
Konzentrationsschwäche |
Gereiztheit |
Verwirrtheit |
Persönlichkeitsveränderung |
Durch einen Katecholaminanstieg während einer Hypoglykämie kommt es zu erhöhtem Blutdruck, einer erhöhten Herzfrequenz mit höherer Auswurfleistung und einem gesteigertem Sauerstoffbedarf am Herzen. Im Rahmen dieser Veränderung erhöht sich die Thromboseneigung und es kann vermehrt zu Herzrhythmusstörungen (u.a. ventrikuläre Extrasystolen) mit erhöhtem Infarktrisiko kommen.
Therapie #
Bei einer leichten Hypoglykämie wird der Patient vom Rettungsdienstpersonal angeleitet, schnell wirksame Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Hierzu zählen neben Getränken (z.B. Limonade, Cola, Fruchtsäfte) auch Lebensmittel wie Traubenzucker. Zudem sollte der Patient ergänzend auch langsam wirksame Kohlenhydrate (Brot, Kräcker etc.) zu sich nehmen, um einem schnellen BZ-Abfall entgegenzuwirken.
Sollten keine Lebensmittel verfügbar sein, kann der Rettungsdienst flüssige Glukose oral verabreichen. Eine orale Glukosegabe ist nur bei wachen Patienten möglich, da ansonsten die Gefahr einer Aspiration besteht.
Bei einer schweren Hypoglykämie sollte ein i.v.-Zugang angelegt werden. Anschließend erhalten erwachsene Patienten 8 – 16 g (0,2 g / kgKG) Glukose:
Da Glukose zu Venenreizungen und Nekrosen bei paravenöser Injektion führt, ist eine Rücklaufprobe zwingend erforderlich. Aus diesem Grund muss Glukose 40% (G40) 1:1 verdünnt werden.
Dosierung Kinder #
Bei Kindern weicht die Dosierung ab, eine Überinfusion muss zwingend vermieden werden!
Glukose 20 % -> 1:1 verdünnt mit 0,9% NaCl | 0,2 g / kgKG = 1 ml / kgKG |
Glukose 40 % -> 1:1 verdünnt mit 0,9% NaCl | 0,2 g / kgKG = 0,5 ml / kgKG |
Krankenhaustransport #
Grundsätzlich sollte jeder Patient bei Auftreten einer erstmaligen Hypoglykämie in einer Klinik vorgestellt werden. Sofern das Problem bekannt ist, keine weiteren behandlungswürdigen Symptome bestehen und eine durchgehende Betreuung des Patienten sichergestellt ist, kann auf einen Transport in Rücksprache mit dem Patienten verzichtet werden.
Differentialdiagnostik #
Quellen #
- Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V. (DBRD). (2023). Muster-Algorithmen 2023 zur Umsetzung des Pyramidenprozesses im Rahmen des NotSanG. https://www.dbrd.de/images/algorithmen/DBRGAlgo23_Web.pdf
- Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). (2018). S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter. AWMF Leitlinien. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/057-017l_S2k_Diabetes_mellitus_im_Alter_2018-09.pdf
- Eich, C. B., Guericke, H., Brackhahn, M. & Glowacka, M. (2018, 8. Juni). Maße & Dosierungen in der Kinderanästhesie, Kinderintensiv- und Kindernotfallmedizin. Kinder- und Jugendkrankenhaus „Auf der Bult“. https://www.auf-der-bult.de/fileadmin/media/docs/KIB-ARZ/downloads/An%C3%A4sthesie_Ma%C3%9Fe_und_Dosierungen_Kinderan%C3%A4sthesie.pdf
- Enke, K., Flemming, A., Hündorf, H.-P., Knacke, P. G., Lipp, R. & Rupp, P. (Hrsg.). (2015). Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin: Patientenversorgung und spezielle Notfallmedizin (5. Aufl., Bd. 1). Edewecht, Niedersachsen: Stumpf + Kossendey. S. 397 – 400
- LV ÄLRD Niedersachsen / Bremen. (2022). „NUN – Algorithmen“ zur Aus- und Fortbildung und als Grundlage zur Tätigkeit von Notfallsanitätern(innen) in Niedersachsen. https://lard-nds.de/download/nun-algorithmen-2022/