NUN-Algorithmus: Intoxikation
Die große Gefahr von Benzodiazepinen liegt nicht in einer alleinigen Intoxikation, sondern in einer Mischintoxikation. Diese kommt häufig in Verbindung mit Alkohol, anderen Sedativa und Analgetika vor. Die Wirkung dieser Stoffe wird durch Benzodiazepine verstärken.
Neben dem Drogenabusus kann es auch im Rahmen von Suizidversuchen oder durch die Überdosierung von Medikamenten zu einer Intoxikation kommen.
Ursache #
Grundsätzlich bewirken alle Benzodiazepine eine Verstärkung der GABAerge Wirkung1. Hierdurch wirken sie anxiolytisch (angstlösend), hypnotisch (schlaffördernd), muskelrelaxierend (muskelentspannend), sedativ (beruhigend) und antikonvulsiv (krampflösend).
Sie werden vorwiegend zur Behandlung von Angst- und Spannungszuständen, Schlafstörungen und zur Behandlung von Krampfanfällen eingesetzt. Klinisch werden sie zudem für Narkosen und Sedierungen eingesetzt.
Symptome #
Durch die Einnahme von Benzodiazepinen bzw. eine Mischintoxikation kommt es zu Symptomen, welche Patienten schläfrig bis komatös erscheinen lassen . Das zugehörige Toxidrom ist das narkotische Syndrom, gut zu merken als “reduziert & langsam”.
- Bewusstseinsstörung mit Vigilanzminderung
- Atemnot bis Atemstillstand
- Koordinationsstörung & Ataxie (Störung der Bewegungsabläufe)
- Hypotonie
- Übelkeit & Erbrechen
- Areflexie (vollständiges Fehlen von Reflexen)
Therapie #
Die Therapie erfolgt grundsätzlich symptomorientiert, mit einem besonderen Fokus auf die Sicherung der Atemwege und der Atemtätigkeit. Hierzu gehört die assistierte Beatmung bei einer Atemfrequenz < 8/min oder einem unzureichenden Atemzugvolumen.
Sollte es zu einem massiven A- oder B-Problem kommen, muss die sofortige Gabe von Flumazenil erfolgen.
Zudem sollte der Wärmeerhalt, vor allem bei Patienten welche im Freien aufgefunden worden sind, beachtet werden.
Medikamente #
- Flumazenil: 0,2 mg langsam i.v. über 15 Sek. oder 0,1 mg/min i.v. bis Wirkungseintritt
(ggf. Repetition nötig, da die HWZ von Flumazenil geringer ist, als die der Benzodiazepine)
CAVE: Flumazenil kann bei Mischintoxikationen die Gefahr von zerebralen Krampfanfällen erhöhen!
KRANKENHAUSTRANSPORT #
Auch bei völlig aufgehobener Wirkung der Benzodiazepine durch Flumazenil muss der Patient einer Klinik zugeführt werden, da Flumazenil eine deutlich geringere Wirkdauer als die meisten Benzodiazepine hat. Es kann zum sogenannten Rebound-Effekt kommen, bei welchem der Patient erneut intoxikiert.
1 Die GABA-Rezeptoren sind Rezeptoren an den Nervenzellen, an denen der Neurotransmitter GABA bindet und eine hemmende Wirkung auf die Nervenzellen entfalten kann.
Quellen #
- Enke, K., Flemming, A., Hündorf, H.-P., Knacke, P. G., Lipp, R. & Rupp, P. (Hrsg.). (2015). Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin: Patientenversorgung und spezielle Notfallmedizin (5. Aufl., Bd. 1). Edewecht, Niedersachsen: Stumpf + Kossendey. – S. 407-408
- Amboss. (o. J.). Sedativa (Intoxikation und Abhängigkeit). https://www.amboss.com/de/wissen/Sedativa_%28Intoxikation_und_Abh%C3%A4ngigkeit%29
- Hemmelgarn, M. & Linck, S. (Hrsg.). (2018). Notfallmedikamente im Rettungsdienst (2., überarbeitete Auflage Aufl.). Edewecht, Deutschland: Stumpf + Kossendey.