Benzodiazepin-Intoxikationen sind akute Vergiftungen durch Benzodiazepine und stellen einen einen akut lebensbedrohlichen Notfall dar. Die große Gefahr von Benzodiazepinen liegt nicht in einer alleinigen Intoxikation, sondern in einer Mischintoxikation. Diese kommt häufig in Verbindung mit Alkohol, anderen Sedativa und Analgetika vor. Die eingenommenen Stoffe verstärken ihre Wirkung gegenseitig.
Neben dem Drogenabusus kann es auch im Rahmen von Suizidversuchen oder durch die Überdosierung von Medikamenten zu einer Intoxikation kommen.
Ursache #
Die häufigsten Ursache einer Benzodiazepin-Intoxikation sind:
- unbeabsichtigte Überdosierung: Fehldosierung von verschriebenen Medikamenten
- Drogenmissbrauch / Abhängigkeit
- Mischintoxikationen: Kombination mit Alkohol oder Antidepressiva, dadurch gegenseitige Wirkverstärkung
Grundsätzlich bewirken alle Benzodiazepine eine Verstärkung der GABAerge Wirkung. GABA (Gamma-Aminobuttersäure) bindet folglich in höherem Maße an den Rezeptor und sorgt für eine verstärkte sedierende, anxiolytische, antikonvulsive und muskelrelaxierende Wirkung.
Benzodiazepine werden vorwiegend zur Behandlung von Angst- und Spannungszuständen, Schlafstörungen und zur Behandlung von Krampfanfällen eingesetzt. Klinisch werden sie zudem für Narkosen und Sedierungen eingesetzt.

Symptome #
Durch die Einnahme von Benzodiazepinen bzw. eine Mischintoxikation kommt es zu Symptomen, welche Patienten schläfrig bis komatös erscheinen lassen . Das zugehörige Toxidrom ist das narkotische Syndrom, gut zu merken als “reduziert & langsam”.
- Vigilanzminderung bis Koma
- Atemdepression (Bradypnoe bis Apnoe)
- Zyanose
- Bradykardie
- Hypotonie
- Koordinationsstörung & Ataxie (Störung der Bewegungsabläufe)
- Areflexie (vollständiges Fehlen von Reflexen)
- Übelkeit & Erbrechen
- Hypothermie
Therapie #
Die Therapie erfolgt grundsätzlich symptomorientiert, mit einem besonderen Fokus auf die Sicherung der Atemwege und der Atemtätigkeit. Hierzu gehört die assistierte Beatmung bei einer Atemfrequenz < 8/min oder einem unzureichenden Atemzugvolumen.
Sollte es zu einem massiven A- oder B-Problem kommen, muss die sofortige Gabe von Flumazenil erfolgen.
Zudem sollte der Wärmeerhalt, vor allem bei Patienten welche im Freien aufgefunden worden sind, beachtet werden.
Medikamente #
Bei Verdacht auf eine Benzodiazepin-Intoxikation ist Flumazenil das Medikament der Wahl. Es verdrängt als kompetitiver GABA-Rezeptoren-Antagonist die Benzodiazepine vom Rezeptor und hemmt deren Wirkung.
Flumazenil (Erwachsene) | initial 0,2 mg i.v. weiter mit 0,1 mg/min bis Wirkeintritt (maximal 1 mg) |
Flumazenil (Kinder) | initial 0,01 mg/kgKG i.v. weiter mit 0,01 mg/kgKG/min bis Wirkeintritt (maximal 0,05 mg/kgKG) |
Verabreichungshinweis:
Halbwertszeit von Flumazenil ist kürzer als die von Benzodiazepinen, es kann zum Rebound-Effekt (erneutes und verstärktes Auftreten der Intoxikation) kommen. Es besteht eine erhöhte Gefahr für das Auftreten von Krampf- und Entzugserscheinungen.
Krankenhaustransport #
Auch bei völlig aufgehobener Benzodiazepin-Wirkung durch Flumazenil muss der Patient einer Klinik zugeführt werden, da Flumazenil eine deutlich geringere Halbwertszeit als die meisten Benzodiazepine hat. Es kann zum Rebound-Effekt, also dem erneuten und verstärkten Auftreten der Intoxikation kommen.
Differentialdiagnosen #
- Hypoglykämie
- Intoxikation mit Opiaten oder Alkohol
- Schlaganfall
- Sepsis
Quellen #
- Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) e.V. (2023, August). DIVI-Kinder Notfallkarte. https://www.divi.de/joomlatools-files/docman-files/publikationen/kinder-und-jugendmedizin/2023-08-divi-kindernotfallkarte.pdf
- Enke, K., Flemming, A., Hündorf, H.-P., Knacke, P. G., Lipp, R. & Rupp, P. (Hrsg.). (2015). Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin: Patientenversorgung und spezielle Notfallmedizin (5. Aufl., Bd. 1). Edewecht, Niedersachsen: Stumpf + Kossendey. – S. 407-408
- Struckmeyer, M. S., Katthän, A., Nordmeyer, S. D. & Schaper, A. (2023). Drogennotfälle bei Kindern und Jugendlichen – ein Update. Notfallmedizin Up2date, 18(02), 197–214. https://doi.org/10.1055/a-1890-1871
- Weidhase, L., Hentschel, H., Mende, L., Schulze, G. & Petros, S. (2014). Akute Vergiftungen im Erwachsenenalter. CME, 11(11), 53–65. https://doi.org/10.1007/s11298-014-1363-5