Die Epiglottitis ist eine bakterielle Entzündung des Kehldeckels (Epiglottis) und ein akut-lebensbedrohlicher Kindernotfall. Trotz wirksamer Impfung tritt die Erkrankung heutzutage aufgrund aktueller Migrationsströme und der zunehmenden Anzahl von Impfverweigerern vermehrt auf. Als besondere Risikogruppe gelten nicht-geimpfte Vorschulkinder.
Gekennzeichnet ist die Epiglottitis durch einen plötzlichen Krankheitsbeginn mit hohem Fieber und einer rapiden Verschlechterung. Im Verlauf kann es zu lebensbedrohlichen Atemwegsverlegungen kommen.
Ursache #
- bakterielle Infektion, die zum Anschwellen des Kehldeckels (Epiglottis) führt
(durch Haemophilus influenzae Typ b (Hib))
Symptome #
Kinder wirken schwer krank und sind extrem abgeschlagen. Durch starke Schmerzen beim Schlucken vermeiden betroffene Kinder das Sprechen und Schlucken, was zu einem erhöhten Speichelfluss (Hypersalivation) führt. Die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme kann deutlich herabgesetzt sein. Bei der Auskultation ist ein inspiratorischer Stridor wahrzunehmen.
- hohes Fieber (> 39°)
- inspiratorischer Stridor
- heißere, „kloßige“ Stimme (“hot potatoe voice”)
- Kutschersitz
- AZ-Verschlechterung
Abgrenzung zur Laryngotracheobronchitis (Pseudokrupp) #
Epiglottitis | Laryngotracheobronchitis (Pseudokrupp) | |
Fieber | Ja / stark erhöht | Nein / leicht erhöht |
Halsschmerzen | Ja | Nein |
Stimme | kloßig | heiser |
Therapie #
Ein bei der Racheninspektionen oder Laryngoskopie ausgelöster Vagusreiz kann bei Kindern zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Aus diesem Grund sollte eine Racheninspektion oder Laryngoskopie zwingend im Krankenhaus unter Intubations- und Koniotomie-Bereitschaft erfolgen.
- keine Manipulation oder Racheninspektion/Laryngoskopie
- sitzende Lagerung (Kutschersitz)
- bei suffizienter Eigenatmung: hochdosiert O2 über Maske
- bei insuffizienter Atmung: assistierte Beatmung im Sitzen
- ALLE invasiven Maßnahmen (i.v.-Zugang, Laryngoskopie, etc.) nur unter Sedierung oder Narkose!
Es muss ein unmittelbarer Transport in eine Kinderklinik (telef. Voranmeldung!) durchgeführt werden. Um den Transport nicht zu verzögern sollte ein NA-Rendezvous in Betracht gezogen werden. Während des gesamten Einsatzes muss das Team jederzeit auf die Notwendigkeit einer Intubation oder notfallmäßiger Koniotomie vorbereitet sein!
Medikamente #
Eine medikamentöse Therapie erfolgt nur, wenn dadurch kein Zeitverlust entsteht. Die Gabe von Glukokortikoiden oder die Inhalation von Epinephrin zeigte in Studien keine direkte Evidenz und verbesserte das Outcome nicht signifikant, ist aber dennoch in vielen Rettungsdienstbereichen gängiger Standard.
Die Nutzung von Verneblermasken bei Kindern erhöht das Risiko von lebensbedrohlichen Vagusreizungen durch Stressreaktionen und Angst. Ein Einsatz sollte je nach Compliance des Kindes abgewogen werden.
Folgende Medikamente können eingesetzt werden, zeigten in Studien aber keine direkte Evidenz (s.o.):
Prednisolon | 2 mg / kgKG i.v. |
Prednison | 100 mg supp. |
Epinephrin (Suprarenin) | 4 mg inhalativ |
Differentialdiagnostik #
Quellen #
- Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V. (DBRD). (2023). Muster-Algorithmen 2023 zur Umsetzung des Pyramidenprozesses im Rahmen des NotSanG. https://www.dbrd.de/images/algorithmen/DBRGAlgo23_Web.pdf
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). (2021, Dezember). Halsschmerzen – S3-Leitlinie. https://register.awmf.org/assets/guidelines/053-010l-S3_Halsschmerzen_2021-12.pdf.
- Eich, C. B., Guericke, H., Brackhahn, M. & Glowacka, M. (2018, 8. Juni). Maße & Dosierungen in der Kinderanästhesie, Kinderintensiv- und Kindernotfallmedizin. Kinder- und Jugendkrankenhaus „Auf der Bult“. https://www.auf-der-bult.de/fileadmin/media/docs/KIB-ARZ/downloads/An%C3%A4sthesie_Ma%C3%9Fe_und_Dosierungen_Kinderan%C3%A4sthesie.pdf
- Enke, K., Flemming, A., Hündorf, H.-P., Knacke, P. G., Lipp, R. & Rupp, P. (Hrsg.). (2015). Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin: Patientenversorgung und spezielle Notfallmedizin (5. Aufl., Bd. 1). Edewecht, Niedersachsen: Stumpf + Kossendey. S. 556 – 557
- LV ÄLRD Niedersachsen / Bremen. (2022). „NUN – Algorithmen“ zur Aus- und Fortbildung und als Grundlage zur Tätigkeit von Notfallsanitätern(innen) in Niedersachsen. https://lard-nds.de/download/nun-algorithmen-2022/