Kurz & Knapp …
- Bei Patienten mit Antikoagulantien als Dauermedikation sollte die Indikationsstellung für Heparin gut abgewogen werden.
- Beim STEMI ist die Gabe (nach Ausschluss von Kontraindikationen) in jedem Fall indiziert.
- Beim NSTEMI sollte das Blutungsrisiko gegen potenziell durch Ischämie hervorgerufene Schäden abgewogen werden.
- Einen Link zum Artikel gibts unter dem Beitrag.
… und ausführlich
Ein kürzlich erschienenes Konsensuspapier thematisiert die Frage nach der richtigen Strategie zur präklinischen Antikoagulation bei Patienten mit vorbestehender gerinnungshemmender Dauermedikation (z.B. Marcumar oder NOAKs). Die Autoren berufen sich dabei auf Ergebnisse aus Studien im periinterventionellen Umfeld, die Hinweise auf mögliche (Blutungs-)Komplikationen geben.
Neben der Feststellung, dass die Studienlage zu dieser Fragestellung in Bezug auf präklinische Daten nach wie vor dünn ist, wird dabei eine Differenzierung zwischen Patienten mit einem STEMI und NSTEMI empfohlen. Bei Vorliegen eines ACS, dass die Kriterien für einen STEMI erfüllt, soll unabhängig von einer vorbestehenden Antikoagulation mit DOAKs oder Cumarinen die Gabe von ASS und Heparin als Bolus erfolgen.
Im Gegensatz dazu empfehlen die Autoren, beim Verdacht auf Myokardinfarkt ohne signifikante ST-Hebungen (oder entsprechende STEMI-Äquivalente), eine genaue Abwägung zwischen dem Risiko für eine Blutung gegenüber dem Risiko der Schädigung des Herzmuskels durch Ischämie. Bei der Entscheidungsfindung könnten Scores, wie der TIMI-Score (Beurteilung des kardialen Ischämie-Risikos) und die Suche nach Anhalten für ein erhöhtes Blutungsrisiko helfen.
Patienten, bei denen das Risiko einer kardialen Ischämie das Risiko einer Blutung durch die Gabe von Heparin überwiegt, sollten, äquivalent zum STEMI, neben Acetylsalicylsäure auch Heparin als Bolus erhalten. Ist jedoch nach Evaluation durch den Behandler das Risiko einer potenziell lebensgefährlichen Blutung höher als die Gefahr der kardialen Ischämie, sollte bei dauerhaft antikoagulierten Patienten auf die Gabe von Heparin verzichtet werden.
Fazit für Notfallsanitäter/Innen
Zukünftig können sich Notfallsanitäter/innen, in deren Rettungsdienstbereichen die Gabe von Heparin und Acetylsalicylsäure im Rahmen der ACS-Therapie freigegeben ist, bei ihrer Entscheidung über die Gabe oder Nicht-Gabe von Heparin im Rahmen des NSTEMI bei Patienten mit Antikoagulantien in der Dauermedikation auf den veröffentlichen Artikel beziehen. Dieser beruht zur Zeit zwar noch nicht auf präklinisch erhobenen Daten, ist allerdings als Expertenkonsens anzusehen und sollte berücksichtigt werden. In den Einzelfällen, in denen wir uns vor diese Frage gestellt sehen, sollten wir uns also an diesen Artikel erinnern und gut zwischen Blutungs- und Ischämierisiko abwägen.
Hier kommt ihr zum Artikel, der auf jeden Fall lesenswert ist!
Quellen
- Hamm, C. W., Schneck, E., Buerke, M., Darius, H., Gaede, L., Bergmann, M., Hoffmeister, M., Schneck, F., Gräsner, J.-T., Dirkmann, D. & Sander, M. (2021). Empfehlungen zur prähospitalen Behandlung des akuten Koronarsyndroms bei Patienten unter Dauertherapie mit neuen oralen Antikoagulanzien (NOAKs). Der Kardiologe. https://doi.org/10.1007/s12181-020-00439-4