Kalte Luft vs. Raumluft bei Pseudokrupp?

Die Behandlung der Laryngotracheobronchitis mittels Glukokortikoiden und vernebelten Epinephrin ist ein mit hoher Evidenz belegter Standard in der Notfallmedizin. Aber wie sieht es mit der Inhalation kalter Luft aus? Bisher gab es hierzu kaum eine medizinische Evidenz. Eine im September 2023 veröffentlichte Single-Center-Studie aus Genf bringt jetzt erste Erkenntnisse zu dieser Fragestellung.

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Methode und Patientenauswahl

Es handelt sich um eine offene Single-Center-Studien aus einer einzelnen pädiatrischen Notaufnahme mit einer kleinen Patientengruppe, so dass die Ergebnisse kritisch betrachtet werden müssen. Allerdings stellt diese Studie einen der bisher einzigen Versuche dar, eine Evidenz für die Inhalation von Kaltluft bei Pseudokrupp darzustellen.

Als Patienten wurden Kinder im Alter von 3 Monaten bis 10 Jahren mit einem Westley-Krupp-Score (WCS) von ≥ 3 (mittelschwerer Krupp) in die Studie eingeschlossen. Ausgeschlossen wurden Kinder mit schwerem Krupp (WCS ≥ 8), welche einer inhalativen Epinephrin-Therapie bedürft hätten. Ebenfalls wurden Kinder mit Vorerkrankungen oder mit vorliegenden Kontraindikationen gegen Dexamethason ausgeschlossen.

Durchführung und Resultate

Nach der Sichtung erhielten beide Gruppen eine Dosis Dexamethason (0,6 mg/kg). Die Kaltluftgruppe wartete daraufhin 30 Minuten draußen, bei einer Außentemperatur von unter 10 Grad. Die Indoor-Gruppe wartete stattdessen im Innenbereich bei einer Temperatur von 24 – 25 Grad. Als gewünschtes positives Ergebnis wurde eine Verbesserung des WCS von ≥ 2 Punkten festgelegt.

Von 3.602 Patienten wurden 1.505 auf ihre Eignung geprüft und 118 randomisiert ausgewählt. Diese geringe Zahl lässt sich mit den vorherrschenden Wetterbedingungen und der Überlastung der Notaufnahme erklären.

Alle Patienten der Kaltluftgruppe verbrachten die gesamten 30 Minuten außerhalb, hierbei konnte im Vergleich festgestellt werden, dass es einen statistisch signifikanten Vorteil durch Kaltluft gab: 49 % der Kaltluftgruppe erlebten eine Verbesserung um 2 oder mehr Punkte beim WCS, verglichen mit 24 % der Indoor-Gruppe. Der positive Unterschied verschwand jedoch nach 60 Minuten, da sich beide Gruppen weiter verbesserten. Es gab zwischen beiden Gruppen keinen Unterschiede bei erneuter Vorstellung oder stationären Aufenthalten.

Ergebnis

Als Ergebnis wird festgestellt, dass eine 30-minütige Exposition von kalter Außenluft (<10 °C) als Ergänzung zu oralem Dexamethason vorteilhaft für die Verringerung der Intensität der klinischen Symptome ist, insbesondere wenn die Symptome als mittelschwer eingestuft werden. Allerdings zeigt sich nur ein kurzer Effekt von 30 Minuten, da bereits nach 60 Minuten beide Gruppen wieder das gleiche Ergebnis im Westley-Krupp-Score zeigten.


Quellen

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Luca H.

Notfallsanitäter, PAL, OrgL & Brandmeister (Berufsfeuerwehr Oldenburg)

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