Wir kennen es alle: “Sonder- und Wegerechte frei” oder “Mit Sonder- und Wegerechten ins Krankenhaus”. Was damit gemeint ist sind die Paragraphen 35 und 38 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Wir haben diese bereits ausführlich in unserem Fachtext “Sonder- und Wegerechte” besprochen. Wieso also ein weiterer Beitrag dazu und dann noch mit dem reißerischen Titel “Wieso §38 StVO kein Wegerecht ist”?
Weil wir ein Problem haben, was sich zunehmend auch in Prüfungen von angehenden Notfallsanitätern zeigt: Der §38 StVO hat nichts mit einem Wegerecht zu tun! Und je nach Prüfer oder Fragestellung kann das zu einem ärgerlichen Punktabzug führen.
§38 StVO – Platz da, wir kommen!
Wenn wir uns den §38 StVO anschauen fällt auf: Hier wird nirgends der Begriff “Wegerecht” genutzt oder es wird über einen Weg oder eine Zuwegung gesprochen. Und während der §35 StVO tatsächlich “Sonderrechte” heißt, heißt der §38 StVO “Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht”.
Es hat sich im alltäglichen Sprachgebrauch eingeschlichen (und wurde auch viele Jahre so gelehrt), dass die Hauptaussage des §38 StVO „Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen“ als Wegerecht bezeichnet wird. Immerhin erhält das Einsatzfahrzeug im besten Fall ja auch genau diesen freien Weg.
Blaues Blinklicht und Gelbes Blinklicht – § 38 StVO
(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.
Es ordnet an: „Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen“.
Das “richtige” Wegerecht im BGB – Grundstück, Zufahrt und so weiter
Wenn man nun einfach mal nach dem Begriff “Wegerecht” googelt, erscheinen zig Suchergebnisse die etwas mit Grundstücken, Zuwegungen, Grundbucheinträgen und so weiter zu tun haben – nichts mit Feuerwehr, Rettungsdienst oder irgendwelchen Straßenverkehrsregeln.
Denn das Wegerecht ist eigentlich ein Begriff aus dem Sachenrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und umfasst dort mehrere mögliche Konstellationen in Bezug auf das Recht einen Weg unter bestimmten Voraussetzungen zu nutzen.
Das Wegerecht kommt immer dann zum Einsatz, wenn ein Zugang zu einem Grundstück nur über ein anderes, fremdes Grundstück möglich ist. In diesem Fall wird entweder privat vertraglich oder per Grundbucheintrag das Recht festgelegt, dass zum Erreichen des eigenen Grundstücks, das fremde Grundstück überquert werden darf. Typischerweise immer dann, wenn das eigene Grundstück keinen Zugang zu einer öffentlichen Straße besitzt.