Immer wieder stellt sich bei der EKG-Auswertung und der Feststellung von Ischämiezeichen die Frage, welcher Teil des Herzens genau betroffen ist. Deshalb gibt es hier eine kleine Auflistung der Ableitungen und der dazugehörigen Herzareale inklusive einiger hilfreicher Kniffe.
Vorab ein allgemeiner Hinweis: Nicht nur Hebungen im EKG sind relevant, sondern auch Senkungen müssen beachtet werden. So deuten Senkungen oft auf spiegelbildliche Hebungen hin; beispielsweise deutet eine senkende Vorderwand häufig auf eine hebende Hinterwand hin.
Vorderwand / Linksherz
Bei einem Infarkt der Vorderwand ist in der Regel die linke Seite des Herzens betroffen. Hinweise darauf geben euch die Ableitungen I, aVL sowie V1 – V6. Dabei lassen sich die Ableitungen V1 – V6 noch weiter spezifizieren. Hierbei hilft das Akronym SAL:
Septal -> V1 / V2
Anterior -> V3 / V4
Lateral -> V5 / V6
Ischämiezeichen im Bereich V1 – V4 deuten also auf einen Anteroseptalinfarkt hin, während zum Beispiel die Kombination der Ableitungen V3 – V6 auf einen Anterolateralinfarkt hinweisen.
Hinterwand / Rechtsherz
Ischämiezeichen in den Ableitungen II, III, aVF werden oft als Hinterwandinfarkt gedeutet. Dies ist allerdings nicht korrekt, da die Ableitungen primär die Unterwand des Herzens abdecken. Anzeichen auf einen Herzinfarkt in diesem Gebiet können sowohl auf einen Hinterwand-, als auch auf einen Rechtsherzinfarkt hinweisen. Aus diesem Grund sollten die Ableitungen entsprechend umgeklebt bzw. erweitert werden.
Zu Diagnostik eines Hinterwandinfarktes werden die Ableitungen V7, V8 und V9 geklebt. Fallen hier Ischämiezeichen auf, deutet dies auf einen Infarkt der Hinterwand hin. Diese Technik lohnt sich auch dann, wenn in V6 deutlichen Hebungen zu erkennen sind. Diese werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Seitenwand bis auf Teile der Hinterwand ziehen.
Der Rechtsherzinfarkt lässt sich stattdessen mit Hilfe des Umklebens von mindestens der Elektrode V4 auf die rechte Seite des Thorax (V4R) feststellen. Natürlich können auch weitere Ableitungen wie V3R und V5R geklebt werden.
Auf dieser Grafik von Nerdfallmedizin findet ihr noch einmal eine grafische Übersicht zu den Zusatzableitung: Nerdfallmedizin.de – Hochrisiko-EKGs: Die MUSS man erkennen!
Hauptstamm
Grundsätzlich bedarf es für die Feststellung eines STEMIs neben der Klinik des Patienten gemäß Definition Ischämiezeichen in mindestens zwei zusammengehörigen Ableitungen. Hierbei gibt es eine Ausnahme, auf welche ihr achten solltet:
Bei Ischämiezeichen in den Ableitung aVR und V1 sowie Senkungen der Vorderwand und einer passenden Klinik des Patienten, ist dies ein Hinweis auf einen Infarkt im Bereich des Hauptstamms. Diese Patienten sind hochkritisch und können jederzeit reapflichtig werden! Wenn euch also ein Patient mit deutlichen Beschwerden wie Dyspnoe und Thoraxschmerz begegnet, euch auf dem EKG aber nur die Ableitung aVR auffällt: Nicht zögern, hier ist höchste Eile geboten!