Der Euler-Liljestrand-Effekt – auch hypoxische pulmonale Vasokonstriktion genannt – beschreibt einen wichtigen Regulationsmechanismus der Lunge, welcher den Gasaustausch optimiert. Wenn in bestimmte Lungenabschnitte die Ventilation abnimmt, reagieren die Gefäße in diesen Bereichen mit einer Vasokonstriktion. Hierdurch wird der Blutfluss in den betroffenen Bereichen reduziert und es wird sichergestellt, dass eine adäquate Oxygenierung aufrechterhalten wird und kein Blut in Lungenareal fließt, in denen es nicht oxygeniert werden kann.
Gleichzeitig bedeutet dies, dass besser belüftete Areale stärker durchblutet werden. Das verbessert das Ventilations-Perfusions-Verhältnis (V/Q) und sorgt dafür, dass das Blut bevorzugt dort fließt, wo tatsächlich Sauerstoff aufgenommen werden kann.
Nice to know
Normalerweise sorgt eine Hypoxie im Körper für eine Vasodilatation, um möglichst viel Blut und damit auch Sauerstoff in das betroffene Areale zu bringen. Die Gefäße der Lunge bilden hier eine Ausnahme, da dort eine Hypoxie zu einer Vasokonstriktion führt.
Der Euler-Liljestrand-Effekt spielt bei vielen Krankheitsbildern der Lunge eine Rolle spielt. Bei lokalen Störungen wie einer Pneumonie, Atelektase oder Aspiration ist der Effekt nützlich, da er den Blutfluss gezielt umlenkt und so den Gasaustausch insgesamt verbessert. Ist jedoch die gesamte Lunge von Sauerstoffmangel betroffen – etwa bei einem schweren ARDS oder einer globaler Hypoxie kommt es zu einer diffusen Vasokonstriktion in fast allen Lungengefäßen. Dies führt zu einem Anstieg des pulmonalen Gefäßwiderstands und kann zu einer Rechtsherzinsuffizienz führen.
In der präklinischen Versorgung kann man den Euler-Liljestrand-Effekt indirekt beeinflussen: Bei einer einseitigen Schädigung der Lunge kann durch eine Seitenlagerung des Patienten auf die gesunde Seite mithilfe der Schwerkraft die Durchblutung der gesunden Lungenhälfte erhöht werden und der Sauerstoffaustausch wird verbessert.
Kurz gesagt: Der Euler-Liljestrand-Effekt ist eine automatische Schutzreaktion der Lunge, welcher Blut aus schlecht belüfteten in gut belüftete Bereiche umleitet, um die Sauerstoffaufnahme zu maximieren – hilfreich bei lokaler Hypoxie, aber gefährlich bei globalem Sauerstoffmangel.