Die endotracheale Intubation – eine ärztliche Maßnahme?

Die endotracheale Intubation gilt als Goldstandard der invasiven Atemwegssicherung. Sollten somit nicht so viele Berufsgruppen wie möglich diese Maßnahme durchführen?

Nicht so ganz, denn zum Durchführen der endotrachealen Intubation sollte man geeignet sein. Aber was heißt jetzt “geeignet”? Aktuelle Handlungsempfehlungen sprechen von 100 Intubationen unter Anleitung und jährlich mindestens 10 Weiteren zum Aufrechterhalten der Fähigkeiten. Abgesehen von innerklinisch tätigen Ärzten und Ärztinnen, die regelmäßig intubieren, wird kaum jemand in der Notfallrettung solche Zahlen vorweisen können. Sollten demnach andere Berufsgruppen ohne diese Erfahrungen gar nicht intubieren?

Allgemeine Vorteile

Die endotracheale Intubation bietet einige Vorteile gegenüber anderen invasiven Atemwegssicherungen. So kann beispielsweise ein höherer inspiratorischer und positiv endexspiratorischer Beatmungsdruck angewendet werden. Außerdem hat die endotracheale Intubation eine niedrige Leckage-Rate und es kommt nur zu einer geringen Insufflation von Luft in den Magen. Zudem ist es möglich tracheal und endobronchial abzusaugen. Speziell bei der CPR sind unterbrechungsfreie Thoraxkompressionen unbedenklich möglich und die ETI bietet einen hohen Aspirationsschutz.

Punkte zur Durchführung

Bei der Durchführung der endotrachealen Intubation sind einige Punkte zu beachten. So gilt es in der Präklinik immer von einem schwierigen Atemweg auszugehen. Somit sollte die Maßnahme primär mit einem Videolaryngoskop durchgeführt werden, welches leider nicht immer sofort am Einsatzort verfügbar ist. Zudem sollte der Versuch einer Intubation nicht länger als 30 Sek. dauern.

Besonderheiten bei der Reanimation 

Bei der Reanimation sollten die Thoraxkompressionen für eine Intubation nicht länger als 5 Sek. unterbrochen werden. Für die Laryngoskopie wird die Herzdruckmassage nicht unterbrochen, sondern erst für die Tubuspassage durch die Stimmbänder. Die Chancen für ein besseres Outcome bei Reanimationen oder SHTs sind signifikant höher, wenn eine endotracheale Intubation der extraglottischen Atemwegssicherung (z.B. Larynxtubus oder -maske) vorgezogen wird.

Intubationserfolg beim ersten Versuch

Die Intubation sollte bereits beim ersten Versuch gelingen. Ein weiterer Intubationsversuch erhöht das Risiko für Folgeschäden. Durch die Mechanik der Laryngoskopie wird gelegentlich ein Vagusreiz ausgelöst. Der Nervus vagus (X) bildet ein Geflecht in Höhe des Oro- und Hypopharynx und kann durch die Maßnahme stimuliert werden. Folglich kann es zu einer Hypotonie und Bradykardie kommen. Somit wird zusätzlich durch die im Moment nicht ausreichende Oxygenierung das Risiko für einen hypoxischen Hirnschaden erheblich gesteigert. Man spricht von einer Verdreifachung der Risiken bei einem zweiten Intubationsversuch und die Chancen für einen ROSC sinken stark. Spätestens nach dem zweiten Versuch sollte demnach eine alternative Atemwegssicherung erwägt werden.

Indikation für eine endotracheale Intubation

Eine Notfallnarkose mit entsprechender Intubation sollte ohne Anwesenheit von ärztlichem Personal nicht durchgeführt werden. Die Reanimation stellt die einzige Möglichkeit dar, in der eine nichtärztliche Berufsgruppe die endotracheale Intubation erwägen sollte. Die Atemwegssicherung während der Reanimation ist ein viel diskutiertes Thema mit allerlei verschiedenen Ansichten. Die Sicherstellung einer grundlegenden Oxygenierung ist jedoch unumstritten – neben der frühestmöglichen Defibrillation – der wichtigste, erste Schritt. Eine simple Beutel-Masken-Ventilation, gegebenenfalls mit Anwendung eines Guedel- oder Wendltubus, erweist sich schon als sehr suffizient. Um jedoch die Zeit ohne Thoraxkompressionen zu minimieren, sollte im Verlauf stets eine Atemwegssicherung erfolgen, die keine Unterbrechung der Herzdruckmassage benötigt. Ein Paper aus Wien (https://dasfoam.org/2017/10/15/neue-erkenntnisse-zum-larynxtubus-mit-interview/) hat ergeben, dass die initiale endotracheale Intubation die größte Wahrscheinlichkeit für ein positives Outcome mit einem guten neurologischen Status besitzt. Alle anderen Atemwegssicherungen erwiesen sich diesbezüglich als erheblich insuffizienter. 

Sollte somit stets primär die endotracheale Intubation erfolgen?

Die wenigsten Personen im Rettungsdienst beherrschen diese Maßnahme entsprechend der zuvor erwähnten Handlungsempfehlung. Die Reanimation stellt eine zeitkritische Situation dar, in der viele Basismaßnahmen zügig erfolgen müssen und häufig ein erhöhter Stressfaktor vorliegt. Die Oxygenierung mit einem Beutel und z.B. einem Guedeltubus ist primär absolut ausreichend und im Verlauf sollte erst eine invasive Atemwegssicherung erwogen werden. Ist sich das anwesende Personal in der Durchführung der endotrachealen Intubation nicht sicher, sollte auf eine Alternative, wie z.B. einen Larynxtubus, gesetzt werden. Nur wenn das anwesende Personal sicher behaupten kann, die Maßnahme zu beherrschen, sollten sie diese durchführen. Sollte initial in der zeitkritischen Situation Unsicherheit bestehen, so gilt es dies offen zu kommunizieren und die Alternative vorzuziehen. Wird die primäre Atemwegssicherung durch einen Larynxtubus hergestellt, kann im Verlauf an eine Umintubation gedacht werden, wenn etwas mehr Zeit zur Verfügung steht. Das Outcome sowie der neurologische Status, sind bei einer präklinischen Umintubation besser, als bei einer ausschließlich extraglottischen Atemwegssicherung.

Fazit

Die Beutel-Masken-Ventilation ist absolut suffizient und sollte stets die initiale Oxygenierungsmöglichkeit darstellen. Ist sich das anwesende Personal in der Maßnahme der endotrachealen Intubation sehr sicher und kann diese zeitnah durchführen, so sollte dies geschehen. Besteht Unsicherheit, so gilt es Alternativen, wie z.B. einen Larynxtubus, vorzuziehen. Im Verlauf auf die endotracheale Intubation zu wechseln erweist sich dennoch als sinnvoll und sollte stets erwogen werden, wenn die Maßnahme sicher beherrscht wird. Die Zugehörigkeit einer bestimmten Berufsgruppe spielt hier keine Rolle. Jede Person hat unterschiedliche Vorkenntnisse und es gilt sich im Team auszusprechen und somit die bestmöglichen Voraussetzungen für die endotracheale Intubation herzustellen. Gerade wenn der Notarzt oder die Notärztin innerklinisch nicht intubiert, kann vielleicht der Notfallsanitäter oder die Notfallsanitäterin von sich behaupten die Maßnahme sicher durchführen zu können. Kommunikation ist das Stichwort!


Quellen

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